Mit der Immobilienwertermittlung zum richtigen Preis

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Wer sein Haus in Österreich verkaufen will, sollte den Immobilienwert ermitteln. Wie das geht und welches Verfahren wann das richtige ist – ein Überblick.

Wann ist eine Immobilienbewertung sinnvoll?

Den Wert einer Immobilie zu kennen, ist vor allem dann erforderlich, wenn die Immobilie den Besitzer wechselt oder eine Anschlussfinanzierung ansteht – also in folgenden Fällen:

Immobilienwert ermitteln bei Kauf und Verkauf

Die Immobilienwertermittlung dient beim Verkauf als Entscheidungshilfe und als Richtwert zum Festlegen des Verkaufspreises. Sie ist eine Absicherung für beide Parteien, damit die Immobilie nicht über beziehungsweise unter Wert gekauft oder verkauft wird.

Wertermittlung bei Scheidung

Nach einer Scheidung kommt es zu einem Zugewinnausgleich, sofern nicht in einem Ehevertrag etwas anderes geregelt wurde. Dabei wird der während der Ehezeit erwirtschaftete Gewinn innerhalb auf beide Ehepartner zu gleichen Teilen aufgeteilt. Da erworbene Immobilien genauso wie das vorhandene Vermögen beider Parteien in den Zugewinnausgleich eingerechnet werden, ist die Bestimmung ihres Wertes unverzichtbar.

Erbschaft und Schenkungen: Dann sollte der Immobilienwert ermittelt werden

Auch wenn die Erbschafts- und Schenkungssteuer  in Österreich abgeschafft wurde, ist eine Immobilienwertermittlung bei r Erbschaft oder Schenkung sinnvoll: Zum einen muss auch bei unentgeltlichem Erwerb eine Grunderwerbsteuer gezahlt werden, die sich am Grundstückswert orientiert. Zum anderen ist eine Wertermittlung sinnvoll, wenn die Immobilie an mehrere Erben, da sich nur so das Erbe gerecht aufteilen lässt.

Der Immobilienwert bei Sorgerecht und Vormundschaft

Auch bei Sorgerechtsangelegenheiten kann eine Immobilienwertermittlung sinnvoll sein, wenn zum Beispiel die Immobilie einer pflegebedürftigen Person veräußert wird, um die Pflegekosten zu stemmen. Dann wird das Vormundschaftsgericht ein Gutachten über den Verkehrswert der Immobilie einholen, um sicherzustellen, dass bei der Veräußerung das Bestmögliche für den Betreuten herauskommt.

Ist eine Wertermittlung bei der Verlängerung von Hypotheken sinnvoll?

Wenn die Zinsfestschreibung für ein Darlehen etwa nach zehn Jahren abgelaufen ist, ist schon ein Teil der ursprünglichen Schuld getilgt, so dass eine Anschlussfinanzierung für die Bank weniger riskant ist. Banken ermitteln bei einer Finanzierung in der Regel von sich aus bei der Erstfinanzierung den Immobilienwert und überprüfen dies auch bei einer Anschlussfinanzierung. Um seine Verhandlungsposition mit der Bank zu verbessern, kann es in manchen Fällen dennoch sinnvoll sein, bei der Verlängerung der Hypothek den Immobilienwert extern ermitteln zu lassen, um die bestmöglichen Konditionen zu erhalten.

Wie lässt sich der Immobilienwert ermitteln?

Für die Berechnung des Verkehrswerts einer Immobilie in einem Gutachten gibt es in Österreich gemäß Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) drei normierte Bewertungsverfahren (§§ 4-5 LBG):

Welches Wertermittlungsverfahren letztendlich zum Einsatz kommt, hängt von der Art und der künftigen Nutzung der zu bewertenden Immobilie ab, die der Immobiliengutachter bewerten soll.

Wie Gutachter bei der Wertermittlung vorgehen müssen, ist ebenfalls im Liegenschaftsbewertungsgesetz geregelt.

Wann kommt das Vergleichswertverfahren zum Einsatz?

Bei Eigentumswohnungen wird das Vergleichswertverfahren angewandt. Es wird anhand von Vergleichsobjekten ein Durchschnittspreis errechnet. Je mehr Vergleichspreise miteinbezogen werden können, desto sicherer ist das Ergebnis.

Merkmale des Grundstücks und der Immobilie an sich (Alter, energetischer Zustand oder Ausstattung) werden dabei durch Zu- und Abschläge berücksichtigt. 
In ländlichen Regionen kann aufgrund der geringen Vergleichsbasis die Wertspanne schon mal etwas größer ausfallen. Gleiches gilt für ungewöhnliche Immobilien, die sich schwer vergleichen lassen. In diesen Fällen sollte ein Gutachter hinzugezogen werden, um ein plausibles Ergebnis zu erhalten.

Bei welchen Gebäuden wird das Sachwertverfahren angewendet?

Das Sachwertverfahren wird in der Regel bei Ein- oder Zweifamilienhäusern angewendet. Bei diesem Wertermittlungsverfahren spielen folgende Parameter eine Rolle:

  • Grundstückswert
  • Gebäudewert

Bei der Grundstücksbewertung kann der Immobiliengutachter entweder Vergleichspreise oder Bodenwerte heranziehen. Der Bodenwert kann beim zuständigen Lagefinanzamt angefragt werden ist und ist in erster Linie von der Lage der Liegenschaft abhängig. 

Beim Gebäudewert werden folgende Komponenten berücksichtigt: 

  • Lage
  • Baukosten
  • Altersbedingte Abnutzung

Formel für das Sachwertverfahren:

Sachwert = (Grundstückswert + Gebäudewert) x Hochrechnungsfaktor der Gemeinde

Welche Liegenschaften werden mit dem Ertragswertverfahren bewertet?

Wie der Name schon sagt, wird das Ertragswertverfahren als Wertermittlungsverfahren bei Immobilien eingesetzt, die einen Ertrag erwirtschaften. Das sind hauptsächlich Mietimmobilien wie Mehrfamilienhäuser, und gewerblich genutzte Gebäude wie Bürokomplexe.

Bei diesem Verfahren fließt neben dem Bodenwert auch der nachhaltig erzielbare Mietertrag der Immobilie sowie der Liegenschaftszins – die vom Gutachterausschuss ermittelte marktübliche Renditeerwartung – in die Bewertung mit ein.

Kapitalanleger interessiert nicht nur die Lage oder Ausstattung, sondern auch, wie viel Geld sie investieren müssen und wie viel sie letztendlich erwirtschaften können. Deshalb ist bei der Bestimmung des Wertes einer Immobilie nicht der Rohertrag, sondern der beim Eigentümer verbleibende Reinertrag maßgeblich.

Formel für das Ertragswertverfahren:

Ertragswert = (Jahresreinertrag – Bodenwertverzinsung) x Vervielfältigungsfaktor

Wann sollte ich einen Gutachter beauftragen?

Immobilienwertermittlung, Wert, Foto: leszekglasner / fotolia.com
Wer sein Haus verkaufen will, sollte vorher den Wert der Immobilie von einem Gutachter schätzen lassen. Foto: leszekglasner / fotolia.com

Für ein ausführliches Verkehrswertgutachten von einem öffentlich bestellten Gutachter müssen etwa 1.000 bis 2.000 Euro eingeplant werden. Dafür erhält man eine gerichtsfeste und ausgiebige Expertise. Ämter und Behörden erkennen in der Regel nur ein von einem unabhängigen Sachverständigen erstelltes Gutachten an.

Doch nicht immer muss ein teures Verkehrswertgutachten beauftragt werden. Geht es nur darum, einen angemessenen Angebotspreis zu ermitteln, reicht es oft aus, wenn der Wert der Immobilie vom Gutachter mündlich eingeschätzt wird. Dabei kommt der Gutachter vor Ort, schaut sich das Haus an, macht eine Bestandsaufnahme und berechnet im Anschluss den Wert. Für ein solches mündliches Gutachten müssen in der Regel zwischen 120 und 200 Euro eingeplant werden.

Checkliste

Darauf solltest du bei der Auswahl des Gutachters achten:

  • Qualifizierung nachweisen lassen (Diplom, Zertifikate, Weiterbildungen, langjährige Berufserfahrung)
  • Gutachter sollte aus der eigenen Region/Stadt kommen
  • Prüfen, worauf sich der Gutachter spezialisiert hat. Er sollte sich mit seinen geschäftlichen Aktivitäten in dem relevanten Bereich bewegen. Ein Gutachter, der meist Gewerbeimmobilien bewertet, wird Probleme bei einem Einfamilienhaus haben
  • Empfehlungen von Kammerorganisationen oder Sachverständigenverbänden einholen
  • Vergleichsangebote einholen, da die Kosten für ein Wertgutachten beziehungsweise das Honorar für den Sachverständigen individuell vereinbart werden
  • Alle wichtigen Kriterien oder Zusagen schriftlich in einem Vertrag fixieren
     

Mit Marktanalyse Immobilienwert ermitteln?

Auch eine eigene Marktanalyse kann hilfreich sein: Dabei geht es darum, die Preise vergleichbarer Immobilien im Internet auf Immobilienportalen miteinander zu vergleichen. Allein sich die Verkäufe im näheren Umfeld anzusehen, reicht für eine verlässliche und umfangreiche Marktanalyse allerdings nicht aus. Die Unterschiede bezüglich Baujahr, Zustand oder Ausstattung zwischen den verkauften Immobilien und des zu bewertenden Objekts könnten zu groß sein, um sie zu vergleichen.

Bei einem solchen Vergleich stellt sich auch immer die Frage, wie die Preise zustande gekommen sind: Muss eine Immobilie dringend verkauft werden, ist die Schmerzgrenze beim Preis vermutlich niedriger als bestünde kein Zeitdruck. Um den Immobilienwert zu ermitteln, ist eine solche eigene Marktanalyse ein probates Mittel. Für eine evidente Wertermittlung ist aber ein Gutachter die geeignetere Wahl.

Was verrät der Grundstücksmarktbericht des Gutachterausschusses?

Die Kaufpreissammlung österreichischer Gutachterausschüsse enthält Erläuterungen und Wertangaben für Reihenhäuser, Doppelhaushälften, freistehende Häuser, Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen nach Städten und teilweise Stadtgebieten sortiert. Der Bericht bietet neben den Informationen für Immobilienexperten auch für Laien umfangreiche Marktinformationen und trägt so zur Transparenz des örtlichen Marktes bei. So können zum Beispiel Haus- oder Wohnungseigentümer anhand der veröffentlichten Tabellen aus einem Gebäudewertanteil und einem Bodenwertanteil den ungefähren Wert ihrer Immobilie selbst berechnen.

Immobilienwert ermitteln: Welche Faktoren beeinflussen den Wert der Immobilie?

Bei der Immobilienbewertung müssen die Eigenschaften der Immobilie als auch diverse rechtliche Faktoren berücksichtigt werden. Das Zusammenspiel folgender Kriterien ist entscheidend:

Welchen Einfluss hat die Lage auf den Immobilienwert?

220 Quadratmeter, toller Schnitt – und trotzdem günstiger als die Bude mit 140 Quadratmetern? Grund: die Lage. Während sich das große Haus abgeschieden in einem suburbanen Vorort befindet, liegt das kleinere in einer zentrumsnahen besseren Wohnlage. Die Lage ist ein wesentlicher Faktor, der den Wert einer Immobilie stark beeinflusst. Die Lage ist im Gegensatz zu anderen Faktoren nicht zu verändern. Dabei wird zwischen Makro- und Mikrolage unterschieden. Mit Makrolage ist die Region oder Stadt gemeint, mit Mikrolage die direkte Umgebung und Verkehrsanbindung der Immobilie.

Welche Rolle spielen Zustand und Alter bei der Bewertung von Immobilien?

Nach der Lage spielt der Erhaltungszustand, aber auch der energetische Zustand eines Gebäudes, die wichtigste Rolle bei der Immobilienbewertung: Durch regelmäßige Renovierungs- und Sanierungsarbeiten kann der Verkehrswert langfristig erhalten werden. Dabei gilt: Je besser der energetische Zustand des Gebäudes ist, desto wertvoller ist es in der Regel.

Sind Baujahr und Fläche wichtig für die Immobilienbewertung?

Neben der Lage und dem Zustand beziehungsweise dem Alter der Liegenschaft ist bei der Immobilienwertermittlung die Fläche und das Baujahr. Auch der Schnitt der einzelnen Räume ist relevant. Unabhängig von anderen Faktoren gilt: Je großzügiger die Räume geschnitten sind und je flexibler die Möglichkeiten zur Nutzung sind, desto wertvoller ist das Objekt.

Erhöht die Qualität der Ausstattung den Wert der Immobilie?

Die Art der Fenster und der Heizung sowie die Qualität der Wärmedämmung beeinflussen den Preis genauso wie der Zustand des Bades. Ein Haus mit Wärmepumpe ist wertvoller als dasselbe Haus mit veralteter Ölheizung.

Verliert eine Immobilie mit Denkmalschutz an Wert?

Auch der Denkmalschutz kann einen Einfluss auf den Wert einer Immobilie haben. Dabei müssen einerseits die Instandhaltungskosten oder ein mögliches Abbruchverbot genauso beachtet werden wie auf der anderen Seite die steuerlichen Vorteile.

Senken Wegerecht und Erbbraurecht den Immobilienwert?

Auch ein eingetragenes Wegerecht – das es einem Dritten gestattet, das Grundstück zu queren – ist nachteilig. Das bewirkt, dass der Wert im Vergleich zu einem Grundstück ohne Wegerecht geringer ist. 

Aber auch Erbbaurechte, falls vorhanden, fallen bei der Bewertung ins Gewicht. Steht eine Immobilie auf fremden Grund, ist sie weniger wert, als würden Gebäude- und Grundstückseigentümer identisch sein.

Welchen Einfluss hat die Marktsituation auf den Immobilienwert?

Wie auf jedem freien Markt, gilt auch bei Immobilien: Je geringer das Angebot und je größer die Nachfrage, desto höher ist der Preis. Bestes Beispiel ist Innsbruck: Die Stadt ist beliebt und wächst stetig. Doch es gibt so gut wie keine freien Wohnungen und die Neubautätigkeit ist gemessen an der Nachfrage gering. Aufgrund der Marktsituation kletterten die Wohnungspreise in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben. So erzielt eine Wohnung in Innsbruck oder im vergleichbaren Salzburg einen deutlich höheren Verkaufspreis wie zum Beispiel eine vergleichbare Wohnung in weniger florierenden Städten.

Käufer versus Verkäufer: Wer schätzt mein Haus wie ein?

Dass Immobilien häufig unterschiedlich bewertet werden, hängt auch stark von unterschiedlichen Sichtweisen ab. Eigentümer wissen genau, wie viel Arbeit, Zeit und Liebe sie in ihr Haus gesteckt haben. Sie schätzen den Wert oft zu hoch ein. Im Gegensatz zu den Käufern: Sie sehen eher die Arbeit, die sie noch in die Immobilie hineinstecken müssen. Dementsprechend vorsichtig kalkulieren sie auch beim Preis und schätzen den Wert der Immobilie oftmals zu niedrig ein.

Umso wichtiger ist eine Wertermittlung vor dem Kauf oder Verkauf. Der Verkehrswert pendelt sich meistens zwischen den Einschätzungen von Käufer und Verkäufer ein.

25.08.2022


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