Grenzbepflanzung, Fallobst, Laub: Streit am Gartenzaun

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Streiten sich Nachbarn, ist oftmals der Garten das Thema – genauer gesagt die Grenzbepflanzung. Dem einen steht der Strauch zu nah am Gartenzaun, dem anderen fliegt im Herbst zu viel Laub vom Nachbarsbaum aufs Grundstück. Ob Grenzabstände eingehalten werden müssen, wann der Nachbar das Laub entfernen muss und wem Fallobst gehört – ein Überblick.

Grenzbepflanzung, Hecke, Foto: auremar/fotolia.com
Wachsen Hecken und Bäume zu nah an der Grundstücksgrenze oder werden nicht regelmäßig beschnitten, kann das zu Streit mit dem Nachbarn führen.

Mal spendet ein Baum zu viel Schatten, ein anderes Mal verstopft das Laub des Nachbarn die Regenrinne. Kommt es zum Streit zwischen Nachbarn, ist nicht selten der Garten der Grund. Oft geht es dabei um den Abstand der Hecke zum Nachbargrundstück. Bisweilen streiten sich Nachbarn aber auch, wer den Pflanzenschnitt übernehmen soll oder wie hoch bestimmte Hecken sein dürfen.

Grenzbepflanzung und Abstandsvorschriften bei Bäumen und Sträuchern

Dem Grundstückseigentümer steht es frei, Pflanzen auf seinem Grundstück zu pflanzen, wo er will. Im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 421 ABGB) ist geregelt, dass sich das Eigentum am Baum nicht nach den Wurzeln, die sich im angrenzenden Grund verbreiten, sondern nach dem Stamm richtet. „Allerdings gibt es in einigen Bundesländern und Gemeinden ergänzende Vorschriften über die Grenzbepflanzung“, sagt Rechtsanwalt Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), der die Interessen privater Immobilieneigentümer vertritt. So lege beispielsweise ein burgenländisches Landesgesetz Mindestabstände zu fremden Grundstücken je nach Pflanzenart fest. „Darüber hinaus enthalten Flächenwidmungs- und Bebauungspläne mitunter Bestimmungen über den einzuhaltenden Pflanzabstand“, so Prunbauer weiter. Der ÖHGB-Präsident rät daher dazu, sich vorweg bei der Gemeinde nach derlei Vorschriften zu erkundigen. „Eine vorherige Abklärung mit dem Nachbarn ist sicher auch sinnvoll, um spätere Konflikte zu vermeiden.“

Laub, Fallobst, Sonnendieb: Häufige Streitfälle bei der Grenzbepflanzung

Grundstückseigentümer wollen in der Regel nicht auf die Bepflanzung ihres Gartens verzichten. Hecken bilden oft einen harmonischen Abschluss des Grundstücks, Sträucher beleben das Gesamtbild der Außenanlage und Bäume spenden nicht nur Schatten, sondern je nach Art auch Früchte. Jedoch wird oft das spätere Größenwachstum eines Baumes, insbesondere die Ausladung seiner Krone, weit unterschätzt. Eventuell kann das zum handfesten Nachbarschaftsstreit führen. Vier der häufigsten Streitpunkte bei der Grenzbepflanzung.

1. Wenn Pflanzen das Sonnenlicht stehlen

Grenzbepflanzung, Hecke schneiden, Foto: delkoo/fotolia.com
Nur wenn die Einwirkung durch eine Hecke das ortsübliche Maß übersteigt, hat ein Eigentümer das Recht darauf, dass sein Nachbar sie zurückschneidet. Foto: delkoo/fotolia.com

Bäume und Hecken werden oftmals von Grundstückseigentümern als Sicht- und Lärmschutz gepflanzt. Und im Sommer bieten sie Schatten. Wenn dieser Schatten jedoch auch auf das Nachbargrundstück fällt, kann es zum Streit kommen. Was erlaubt ist und was nicht regelt das Gesetz. „Das ABGB ordnet in § 364 eine prinzipielle gegenseitige Rücksichtnahmepflicht an und gewährt dem Nachbarn nur dann einen Untersagungsanspruch gegen unterschiedliche Arten von Einwirkungen, wenn sie diese das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten“, so Prunbauer. Zudem müsse der Eigentümer in der ortsüblichen Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt sein.

Absatz 3 enthält eine Sonderbestimmung über die von Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft. Hier muss das Wachstum überdies zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung in der Benutzung des eigenen Grundstücks führen. „Der Gesetzgeber will, dass nur wirklich krasse Fälle erfasst werden, also zum Beispiel eine Vermoosung oder Versumpfung des eigenen Gartens aufgrund der Schattenwirkung des nachbarlichen Baumbestandes“, erklärt Prunbauer. Auch wenn jemand schon in den Mittagsstunden seine Wohnung künstlich beleuchten muss, weil der Schattenwurf vom Nachbargrundstück so stark ist, könnten Grundstückseigentümer einen solchen Untersagungsanspruch haben.

Fühlt sich jemand durch die Gewächse und Bepflanzungen seines Nachbarn aufgrund des Entzuges von Sonne bzw. Licht gestört, muss zwingend vor Befassung der Gerichte ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden. Dieser Schlichtungsversuch ist binnen drei Monaten abzuwickeln. Erst danach können Eigentümer den ordentlichen Rechtsweg beschreiten.

2. Überhängende Äste, wuchernde Wurzeln

Grenzbepflanzung, Baum, Garten, Foto: hcast/fotolia.com
Hängen Äste über den Zaun darf der Nachbar selbst Hand anlegen und sie abschneiden. Foto: hcast/fotolia.com

Eindeutiger ist die Gesetzeslage bei überhängenden Ästen oder über die Grundstücksgrenze wuchernden Wurzeln. Hierbei handelt es sich um direkte Eingriffe. § 422 ABGB gibt dem Eigentümer das Recht, die in seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen Pflanze aus seinem Boden zu entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abzuschneiden. „Will der Eigentümer von seinem Überhangsrecht Gebrauch machen, hat er fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen“, so Prunbauer. Etwaige Kosten muss der beeinträchtigte Grundeigentümer selbst tragen.

„Wenn dem Grundeigentümer aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen“, sagt der ÖHGB-Präsident. Das könne beispielsweise der Fall sein, wenn Wurzeln in das Mauerwerk des Hauses wachsen könnten. „Auch hier ist es ratsam, im Vorfeld mit dem Nachbarn ein Gespräch über die Beeinträchtigung zu führen und die geplante Vorgangsweise mit diesem abzusprechen.“

3. Laub – mit dem Herbst kommt der Streit

Grenzbepflanzung, Laub, Foto: shootingankauf/fotolia.com
Prinzipiell ist Laubfall im Herbst ein normales Naturereignis und muss vom Nachbarn hingenommen werden. Foto: shootingankauf/fotolia.com

Geht es auf den Herbst zu und die Blätter von den Laubbäumen beginnen zu fallen, fängt meist der Ärger mit den Nachbarn an. Denn Laub fällt, wohin der Wind es trägt, manchmal eben auch auf das Nachbargrundstück.  „Solche Einwirkungen wird der beeinträchtigte Nachbar im Allgemeinen zu dulden haben“, erklärt Rechtsanwalt Prunbauer und sieht die Grenze erst dann überschritten, wenn der Laubbefall das ortsübliche Maß übersteigt und die Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. „Es gibt in der Praxis aber wenige Fälle, in denen dieses Ausmaß überschritten wird. Der Maßstab, was verträglich ist, orientiere sich nicht am Empfinden des beeinträchtigten Nachbarn, sondern daran, was einem Durchschnittsmenschen zumutbar ist.

4. Obst – wenn die Ernte zum Streitthema wird

Grenzbepflanzung, Fallobst, Foto: Viesturs Kalvans/fotolia.com
Früchte von einem Baum, der auf dem Grundstück des Nachbarn steht, dürfen Eigentümer behalten. Foto: Viesturs Kalvans/fotolia.com

Obstbäume sehen im Frühjahr und Sommer nicht nur schön aus, sie bieten zum Herbst hin auch meist eine reiche Ernte. Wachsen die Äste jedoch über die Grundstücksgrenze des Nachbarn und duldet er dies, hat er ein sogenanntes Überhangsrecht. „Das umfasst auch das Recht, die noch am Ast über dem eigenen Grundstück hängenden Früchte zu ernten und bezieht sich auch auf das Fallobst, das von diesem Ast herunterfällt“ so Prunbauer. Allerdings: Werden Früchte von einem nicht überhängenden Ast über den Zaun geweht oder rollen diese auf das nachbarliche Grundstück, gehören diese Früchte weiterhin dem Eigentümer des Baumes.

Fazit: Streit am Gartenzaun vermeiden

Wer seinen Garten bepflanzt, sollte sich vorher ausgiebig mit der Rechtslage vor Ort befassen. „Nachbarschaftsstreitigkeiten können in langwierigen und emotional belastenden Verfahren münden, die mit hohen Kosten verbunden sein können“, sagt Prunbauer. Bevor Grundstückseigentümer den Weg zum Gericht bestreiten, empfiehlt der Anwalt ihnen daher, eine gütliche Einigung mit dem Nachbarn zu erwirken. Oftmals macht auch der Ton die Musik und ein Nachbarschaftsstreit kann so vermieden werden. „Nur wenn das nicht geht, sollten Eigentümer anwaltlichen Rat einholen und abklären, ob der konkrete Fall von der Rechtsschutzversicherung gedeckt ist“.


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